Rolf Münch und Katja Windisch führen oft gemeinsame Mediationen durch. Sie erklären, wie sich damit Konflikte lösen lassen und ob das auch ohne Mediator klappt.
Zu Ihnen kommen Leute oft, wenn die Fronten verhärtet sind. Ist eine Lösung dann noch möglich?
Rolf Münch: Es gibt Leute, die einfach gerne streiten und nicht wirklich an einer
Lösung interessiert sind. Aber die meisten finden zu uns, weil sie trotz aller Schwierigkeiten einen gemeinsamen Weg finden möchten …
Katja Windisch: … was nicht heisst, dass die Fronten nicht sehr verhärtet
sein können. Aber die Beteiligten lassen sich dann meist von einer Kooperation überzeugen, weil sie bei uns eine individuelle Lösung finden. Vor Gericht wird einfach entschieden und am Schluss ist
möglicherweise niemand richtig zufrieden. Wir glauben, dass die Beteiligten die Experten für ihre Schwierigkeiten sind und deshalb selbst auch die beste Lösung finden. Wir mischen uns inhaltlich nicht ein, sondern zeigen nur die
Schritte auf, die zur Lösung führen.
Welches sind diese Schritte?
Katja Windisch: Erst wird herausgearbeitet, was jedem in Bezug auf das Konfliktthema grundsätzlich wichtig ist –
und zwar im Hier und Jetzt. Wir arbeiten nicht vergangenheitsbezogen.
Diese Interessen und Bedürfnisse drückt jeder für sich selbst aus. Das Gegenüber kommentiert nicht. Wir fassen jeweils zusammen und fragen allenfalls nochmals nach. Von da aus überlegen die Beteiligten, wie man den Interessen und Bedürfnissen gerecht werden kann. Jeder macht Angebote, was er zur Lösung beizutragen bereit ist. So entsteht schliesslich eine Lösungsvereinbarung.
Rolf Münch: Oft ist einem anfänglich selber nicht klar, was genau einen an einer Situation stört. Vieles spielt sich im
Unterbewusstsein ab und muss erst herausgearbeitet werden. Wenn man sich selber versteht, versteht einen auch das Gegenüber besser – wobei das nicht heissen muss, dass es die Position teilt.
Geht das auch ohne Mediator?
Katja Windisch: Bei grösseren Streitigkeiten oder wenn eine Lösung gefunden werden muss, ist jemand Aussenstehendes hilfreich. Bei kleineren Auseinandersetzungen kann man selber handeln. Wenn man zu nörgeln beginnt, sollte man fragen: Was stört mich wirklich?
Hilft Mediation bei jedem Konflikt?
Katja Windisch: Grundsätzlich ja. Von Alltagskonflikten bis hin zu den grossen politischen Querelen liesse sich damit oft mindestens ein nächster konstruktiver Schritt finden. Bei vielen Konflikten, etwa auf der Arbeit, ist es wichtig, eine Person und ihre Rolle zu trennen. Sie haben einen Konflikt mit Ihrem Chef – nicht mit der Person, die Ihr Chef ist.
Führt Mediation immer zu einer
Lösung?
Rolf Münch: In etwa 75 bis 80 Prozent der Fälle. Es kann aber auch ein Erfolg sein, wenn keine Lösung gefunden wird, der Angestellte etwa am Schluss kündigt, man aber im Guten auseinandergeht. Nach einer Mediation passiert so ein Schritt mit einem anderen Gefühl. Ziel sollte immer sein, sich zumindest
wieder in die Augen sehen zu können.